B.6.1.1: Unvollständige oder modale Hilfsverben

Zu erkennen sind unvollständige oder modale Hilfsverben an folgenden Kennzeichen und Eigenarten:

1) es gibt keinerlei Infinitiv – man sagt also nie „to will“, „to can“ oder „to may“

2) in der 3. Person Einzahl gibt es kein angehängtes „s“ oder „es“, wie bei normalen Verben – es heiβt also: he will, it shall, she can.

3) Um die verschiedenen Zeiten ausdrücken zu können, müssen diese anders formuliert und umschrieben werden, da Modale Hilfsverben keine Zeiten bilden können

4) Für nach modalen Hilfsverben verwendete Vollverben ist im Infinitiv kein „to“ notwendig

5) Im Gegensatz zu Vollverben können Verneinungen und Fragen bei modalen Hilfsverben ohne „to do“ formuliert werden

Die im Englischen gebräuchlichsten modalen Hilfsverben sind: may (dürfen), shall (sollen), will (werden) und can (können). Ebenfalls zum Teil in der Funktion von Hilfsverben tauchen folgende Verben auf: dare (wagen), need (brauchen) und used to (gewohnt sein), wobei dann jedoch nicht alle oben genannten Eigenarten zutreffen.

Eines solte man wissen: modale Hilfsverben haben gerade im so kurzen und knapp formulieren Englisch viele Zwischenbedeutungen und Nuancen. Hier geht es im Folgenden zunächst in einigen Beispielen um die üblichsten Bedeutungen und Funktionen.

6.1.1.1 können = can

Eines der am häufigsten verwendeten Hilfsverben im Englischen ist „can“ (können). Es beschreibt wie auch im Deutschen Möglichkeiten, Fähigkeiten oder wird als Begriff von persönlicher Freiheit eingesetzt. Es entspricht in seiner Bedeutung und Anwendung in jeder Hinsicht dem deutschen „können“.

can = können 
EinzahlMehrzahl
  1. Person
I canich kannwe canwir können
  1. Person
you candu kannstyou canihr könnt
  1. Person
he / she / it caner / sie / es kannthey cansie können

Noch einmal zur Erinnerung: bei den modalen Hilfsverben wird in der 3. Person Einzahl kein „s“ oder „es“ angehängt, sie bleiben in der Gegenwartsform immer gleich.

Some Examples = einige Beispiele 
She can read.Sie kann lesen.
Sie hat lesen gelernt und hat dadurch die Fähigkeit, sich Wissen anzueignen
You can take a break now.Du kannst jetzt eine Pause einlegen.
Du hast die Freiheit (Zeit, Möglichkeit, Erlaubnis), eine Pause zu machen
We can come back tomorrow.Wir können morgen wiederkommen.
Je nach Ausdruck in der Sprechweise bezeichnet es die Möglichkeit (oder auch eine Bitte), am kommenden Tag wieder zu erscheinen.

 

6.1.1.2 dürfen = may

 Das englische „may“ entspricht vor allem dem deutschen „dürfen“, erklärt somit die Erlaubnis zu einer spezifischen Handlung. Darüber hinaus bedeutet es aber auch, dass etwas möglicherweise geschieht, man sich dessen aber nicht ganz sicher ist. Das sind für das Wort „may“ zwei sehr unterschiedliche Bedeutungen – mehr dazu in der folgenden Aufstellung von Beispielen.

may = dürfen  
 EinzahlMehrzahl
  1. Person
I mayich darfwe maywir dürfen
  1. Person
you maydu darfstyou mayihr dürft
  1. Person
he / she / it mayer / sie / es darfthey maysie dürfen

Wie schon bei „can“ bleiben alle Formen beim Hilfverb „may“ gleich, es gibt keine Veränderungen in der 3. Person Einzahl. Es wird also kein „s“ oder „es“ angehängt.

Some examples = ein paar Beispiele
You may go for a walk.
Du darfst spazieren gehen. (Du hast die Erlaubnis, spazieren zu gehen)
He may have a drink.
Er darf etwas trinken. (Er hat die Erlaubnis, etwas zu trinken)
The dogs may run outside .
Die Hunde dürfen draussen herumlaufen. (Jemand hat es den Hunden erlaubt, draussen herum zu laufen.)
Marc’s father may come for a visit today*.
Marcs Vater könnte heute möglicherweise zu Besuch kommen.

* Hier geht es um die Chance auf einen Besuch, weniger um eine Erlaubnis, die für einen Besuch kaum notwenidg sein dürfte

 

6.1.1.3 müssen = must

Das Hilfsverb „must“ erklärt, dass es für eine bestimmte Handlung keinerlei Alternative gibt – genau wie das deutsche „müssen“. Dem zu Grunde liegen kann 1). Logik oder auch 2.) eine gesetzliche Vorschrift, 3) ein bestimmter Zusammenhang oder 4.) ein Gesetz der Natur.

Beispiele
(a) Wer betrügt, muss dafür bestraft werden.
(b) Wer etwas anfängt, muss es auch zu Ende bringen.
(c) Wenn er mitspielen will, muss er auch trainieren.
(d) Wenn Du nicht nass werden willst, musst Du einen Regenschirm mitnehmen.

Hier gibt es zwar keinerlei Instanz, die ein gewisses Verhalten vorschreibt – dennoch ist auch keine Alternative vorhanden, im Gegensatz beispielsweise zum „sollen“. das man als eine Art moralische Vorschrift bezeichnen könnte.

Must = müssen  
 EinzahlMehrzahl
  1. Person
I mustich musswe mustwir müssen
  1. Person
you mustdu musstyou mustihr müsst
  1. Person
he / she / it muster / sie / es mussthey mustsie müssen

Auch bei “must” gilt, dass es in der dritten Person Einzahl weder “s” noch “es” am Wortende gibt – in der Konjugation bleiben die Formen alle gleich.

Some examples = ein paar Beispiele  
You must  be there!Du musst / ihr müsst (unbedingt) da sein!
Dem Sprechenden ist das so wichtig, dass er die Forderung sehr stark betont.
They must go to the training.Sie müssen (unbedingt) zum Training gehen.
Ein zwingender Grund steckt dahinter – als Konsequenz könnte man erwarten: „…sonst dürfen sie nicht spielen“
I must buy this green Sweater!Ich muss (unbedingt) den grünen Pullover kaufen.
Wenn ich diesen Pullover nicht kaufe, passiert was ganz Schreckliches. So in diesem Stil etwa wird hier ebenfalls ein „Zwang“ ausgedrückt… wenn auch nur ein Kaufzwang…

Vorsicht sollte man beim „must“ dennoch walten lassen, den im Englischen klingt das Wort im Vergleich zu unserem „müssen“ sehr hart und zwingend und wird nicht sehr häufig verwendet, sondern eher die höflichere, weil weichere Form des „have to“. Dennoch sollte man wissen, wann man, wenn notwendig, durch das „must“ einer Forderung Nachdruck verleihen kann.

 

6.1.1.4 sollen = shall

Im Gegensatz zum sehr definitiven und fordernden “must” gibt es bei “shall“ immer noch eine Alternative für den Angesprochenen.Allerdings hält der Sprechende diese aus moralischen Gründen für falsch oder in bestimmter Hinsicht nicht für förderlich. Dennoch: eine Alternative existiert hier!

Shall = sollen  
 Einzahl Mehrzahl 
  1. Person
I shallich sollwe shallwir sollen
  1. Person
you shalldu sollstyou shallihr sollt
  1. Person
he / she / it shaller / sie / es sollthey shallsie sollen

Auch hier sind alle Formen ein und dieselbe – es gibt auch bei diesem Modalverb keinerlei „s“ bei der 3. Person Einzahl

Beispiele (examples) 
You shall not eat too many sweets.Du sollst nicht zu viele Süssigkeiten essen-
Aus gesundheitlichen Gründen, wird die Forderung gestellt, nicht zu viele Süssigkeiten zu essen.
You shall respect your teachers.Du sollst deine Lehrer respektieren.
Das „shall“ wird bei solchen moralischen Forderungen verwendet, wie auch bei den zehn Geboten. „shall“ ist das Hilfsverb für religiöse wie gesellschaftliche Verhaltensmaßregeln.
You shall never treat an animal like that.Du sollst nie ein Tier so behandeln.
Diese Forderung mit moralischer Grundlage, nämlich Tiere gut zu behandeln, sollte tatsächlich jedem ein Bedürfnis sein!

 

6.1.1.5 ought to = sollen

Noch ein klein wenig mehr die moralische Verpflichtung als „shall“ betont „ought to“! Im Deutschen würde man stattdessen „sollte“ oder „müsste“ verwenden. Auch hier steckt keine tatsächliche Befehlsgewalt dahinter, die etwas auch durchsetzen oder erzwingen kann – sondern belegt eben nur die Meinung, wenn auch moralisch bedeutende, des Sprechers. Dem Angesprochenen bleibt die Freiheit, sich anders zu entscheiden.

ought to = sollen, müssen  
Einzahl Mehrzahl
  1. Person
I ought toich sollwe ought towir sollen
  1. Person
you ought todu sollstyou ought toihr sollt
  1. Person
he / she / it ought toer / sie / es sollthey ought tosie sollen

Wieder gilt die Regel: kein „s“ in der dritten Person Einzahl, die Formen sind und bleiben alle dieselben.

Beispiele
He ought to give her the money.Er sollte ihr das Geld geben.
Er sollte ihr das Geld geben, schliesslich schuldet er es ihr… etc.
We ought to go to the hospital.Wir sollten ins Krankenhaus gehen
Es wäre vernünftiger, ins Krankenhaus zu gehen, daher sollten wir es tun

 

6.1.1.6 need = brauchen

Need hat eine Doppelfunktion. Es kann sowohl als Vollverb als auch als Hilfsverb verwendet werden. Diese Doppelfunktion hat brauchen in gewisser Weise auch, allerdings nur, wenn das Verb verneint wird (Modalverb: Du brauchst ihm keinen Brief schreiben. Vollverb: Ich brauche kein neues Auto.) . Brauchen in bejahenden (positiven) Aussagen, wird im Deutschen nur als Vollverb verwendet.

Gleich zwei Funktionen hat „need“, das aus Vollverb, aber auch als Hilfsverb eingesetzt wird. Auch „brauchen“ hat im Deutschen ja in gewisser Hinsicht gleich zwei Funktionen, aber nur im Falle einer Verneinung. Zum Beispiel: „Du brauchst sie nicht zu holen“=Modalverb, „Du brauchst keine neuen Schuhe“=Vollverb. Bejahend gibt es „brauchen“ im Deutschen nur als Vollverb.

Beispiele
Wir brauchen Brot.Sie braucht neue Kleider.Du brauchst Ferien.

Sobald „brauchen“ im Deutschen eine verneinende Aussage hat, kann es auch zum Hilfsverb werden, das einem Vollverb unterstützend beigestellt wird.

Beispiele
Du brauchst dich nicht mehr aufzuregen.Sie braucht jetzt nicht mehr zu fahren.Wir brauchen das nicht mehr zu kaufen.

Im Gegensatz zum Deutschen „brauchen“ kann das englische „need“ sowohl bejahend als auch verneinend eingesetzt werden, und zwar als Hilfsverb genauso wie als Vollverb.

need (to)=brauchen, müssen  
Einzahl Mehrzahl
  1. Person
I need (to)ich brauchewe need (to)wir brauchen
  1. Person
you need (to)du brauchstyou need (to)ihr braucht
  1. Person
he / she / it needs (to)er / sie / es brauchenthey need (to)sie brauchen

Dass “need (to)“ kein wirklich reguläres Hilfsverb ist, kann man schon daran erkennen, dass diesmal beim konjugieren in der 3. Person Einzahl sehr wohl ein „s“ angehängt wird. Dennoch wird es eben in manchen Fällen als solches verwendet – und zwar dann, als modales Hilfsverb, immer zusammen mit der Präposition „to“, also: „need to“ (ähnlich wie beim noch folgenden „have to“). Dann entspricht „need to“ mehr einem deutschen „müssen“ als „brauchen“ und wird als Darstellung einer persönlichen Einstellung oder Forderung an die eigene Person genutzt.

Some examples = ein paar Beispiele 
He needs to drink something.Er muss etwas trinken.
She needs to go to the doctor.Sie muss zum Arzt gehen.
(Keiner zwingt sie, es ist ihre eigene Entscheidung, daher nicht “must go”!
I need to go to the toilet.Ich muss zur Toilette.
Vorsicht, bitte nicht: I must go to the toilet! Auch hier ist es eine Notwendigkeit, aber kein äusserer Zwang, ausser durch die Natur!
We need to go to the bank.Wir müssen zur Bank gehen
Vorsicht, bitte nicht: We must go to the bank.(kein Zwang!)

Wird „need“ zum Vollverb, entspricht es dem deutschen „brauchen“:

need (Vollverb) = brauchen 
He needs time.Er braucht Zeit.
Children need fun.Kinder brauchen Spass.
We need water.Wir brauchen Wasser.

Mit Hilfe einer Eselsbrückes kann man sich ganz gut merken, wann im Englischen „need to“ statt „must“ verwendet wird: könnte man das Wort im Deutschen auch durch „möchten“ ersetzten, ist „need to“ angebracht – wenn nicht, heisst es im Englischen „must“.

Examples = Beispiele 
Ich muss zum Bahnhof gehenIch möchte gerne (vielleicht auch dringend) zum Bahnhof gehen – Also:
I need to go to the train station.
Sie muss sich beim Direktor vorstellenSie möchte zwar nicht sonderlich, muss aber – also:
She must present herself to the director.
Er muss sich eine neue Wohnung suchen.Die alte gefällt ihm nicht mehr, also möchte er eine neue Wohnung – also:
He needs to look for a new apartment. 

Als Equivalent zu „need to“ wird auch „have to“ verwendet – das wird in Kapitel 6.1.2.3.1 genauer erläutert.

 

6.1.1.7 dare (= sich trauen)

Das Englische „dare“ entspricht im Deutschen dem „sich trauen“ oder „wagen“. Was ebenso eine positive wie negative Bedeutung haben kann – nach dem Motto: „Wie kann sie es nur wagen?!“ Im allgemeinen Sprachgebrauch von heute kommt es allerdings nur noch selten vor und wird eher durch ein „not to be afraid of“ ersetzt, oder auch „to have the courage“, also „keine Angst“ oder „Mut haben“.

dare = wagen, sich trauen  
 Einzahl  Mehrzahl
  1. Person
I dareich wage (es)we darewir wagen (es)
  1. Person
you daredu wagst (es)you dareihr wagt (es)
  1. Person
he / she / it dareser / sie / es wagt (es)they daresie wagen (es)

In der Konjugation ist deutlich erkennbar, dass es sich bei „dare“ wie schon bei „need“ nicht um ein reines Hilfsverb handelt, da es in der dritten Person Einzahl mit einem „s“ am Ende versehen wird.

Examples = Beispiele 
He dares to jump off the cliff= er traut sich, von der Klippe zu springen
You wouldn’t dare!= das würdest Du dich doch nicht trauen… oder?

Das „to“ nach dare ist kein Muss, es ist auch ohne korrekt. Allerdings ist es vom Sprachrhythmus meistens einfacher, es zu verwenden. Grammatikalisch ist ein Weglassen des „to“ allerdings ebenso richtig, genau wie bei „ought to“ und „have to“.

 

6.1.1.8 used to

Das Englische „used to“ kann man nicht so ganz von seinem Ursprungs-Verb „to use“ (verwenden, benutzen) ableiten – und auch der Ausdruck „to be used to“ vermittelt einen eher oberflächlichen Kontext. Es handelt sich bei „used to“ um die Beschreibung einer früheren Gewohnheit oder einer damals üblichen Situation.

Examples = Beispiele 
We used to go to church every Sunday.= wir gingen (früher) jeden Sonntag in die Kirche
Everything used to be much easier then!Damals war alles wirklich noch einfacher!

Dieses Hilfsverb wird meist in der Vergangenheit und zwar im Imperfekt verwendet, eine Gegenwartsform gibt es seltener – meist setzt man sie mit einer bestimmten Vergangenheit in Verbindung.

Examples = Beispiele 
I had trouble getting up early, but now I’m used to it(früher) hatte ich Probleme früh aufzustehen, aber jetzt bin ich daran gewöhnt
That’s what I am used to!Daran bin ich gewöhnt!

Es gibt Alternativen in der Gegenwart, wie zum Beispiel „to be in the habit of doing somehing“ oder „to be accostumed to do something“.

 

6.1.1.9 will = werden

Das englische Hilfsverb „will“ ist für die Zukunfts-Bildung zuständig – und da wir diese erst in Kapitel 14 behandeln, kommen wir später im Einzelnen darauf zurück – hier sei zunächst einmal nur die Konjugation vorgestellt, der Vollständigkeit der Hilfsverben-Gruppe zuliebe.

will = werden
Einzahl Mehrzahl 
  1. Person
I willich werdewe willwir werden
  1. Person
you willdu wirstyou willihr werdet
  1. Person
he / she / it willer / sie / es wirdthey willsie werden

Insgesamt sind die Bedeutungen von „will“ und „would“ ausgesprochen vielfältig, ebenso wie ihre Funktionen. Gerade beim Umschreiben des Konjunktivs kommt „will“ (das zu „would“ wird) ständig vor – es ersetzt das Konjunktiv des Vollverbs, das im moderneren Englisch immer seltener verwendet wird. Auch bei der Konditional-Bildung wird es eingesetzt. Aus Höflichkeitsgründen finden wir das Konjunktiv/Konditional „would“ auch bei einer als Bitte formulierten Frage an einen anderen: „Würden Sie mir bitte die Tür aufhalten?“ Es ist in der indirekten Rede von Bedeutung und auch bei Standard-Bemerkungen – auf all das werden wir in späteren Kapiteln noch detaillierter zurückkommen.

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